Von Claude Stahel, Founder of Black&Blaze Ltd. Februar 2025
Dieser Artikel gibt einen Überblick über den Handel und den Anbau von Rohkaffee und erklärt, warum die Volatilität an den Kaffeemärkten derzeit so stark schwankt. Wir konzentrieren uns dabei auf „Coffee C“, was für Arabica-Kaffee an den Comex-Futures-Börsen steht, einem der weltweit größten und bekanntesten Märkte für weiche Rohwaren, die in Fachkreisen auch als „soft commodities“ bezeichnet werden.
Auch wenn viele unserer Kaffees direkt und fair gehandelt werden – also nicht über die Börse – beeinflusst der Comex dennoch den Preis für Spezialitätenkaffee. Derzeit befindet sich der Kaffeemarkt in einer sogenannten „Backwardation“. Das bedeutet, dass der Preis heute höher ist als der Preis für Kaffee, der in drei Monaten oder in der Zukunft geliefert wird. In einer solchen Marktsituation lohnt es sich für Händler und Produzenten nicht, Kaffee einzulagern oder auf zukünftige Preise zu warten. Stattdessen verkaufen sie ihre Ware sofort, da sie aktuell mehr dafür bekommen können.
Solche Preisentwicklungen treten häufig auf, wenn es Engpässe bei der Ernte gibt, Pflanzenkrankheiten auftreten oder die Lagerbestände knapp sind – kurzum, wenn die Nachfrage höher ist als die verfügbaren Ressourcen
Neben den natürlichen Ernteausfällen spielen auch politische und logistische Gegebenheiten eine Rolle:
- Trump’s Zollpolitik in Zentralamerika: Diese hat die Handelsbedingungen für Kaffee aus der Region negativ beeinflusst und zu Unsicherheiten geführt.
- Transport- und Hafenengpässe: Diese bringen oft Verzögerungen im Export mit sich und führen nicht selten dazu, dass Container erst nach wochenlanger Verzögerung abgefertigt werden.
- Wirtschaftliche Unsicherheit: Die weltweite Inflation und die wirtschaftliche Unsicherheit in wichtigen Märkten wie den USA, Europa und Asien beeinflussen die Nachfrage nach Kaffee. Ein schwankender Ölpreis kann zudem Auswirkungen auf Transportkosten und Rohstoffpreise haben, was die Volatilität weiter verstärkt.
- Wechselkurse: Der stärkere US-Dollar hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass Rohkaffee für viele Käufer in Nicht-Dollar-Ländern teurer wurde.
Last but not least:
- Marktspekulation: Der Kaffeemarkt wird zunehmend von spekulativen Aktivitäten dominiert, bei denen große Finanzakteure auf steigende oder fallende Preise setzen. Diese Handelsaktivitäten können die Preisschwankungen noch weiter verstärken.
Die letzten drei Ernten haben den Markt zunehmend in diese Backwardation-Situation gedrängt, was auch viele Spekulanten dazu veranlasste, auf den Zug aufzuspringen. Wie man deutlich am Chart ablesen kann, kannte der Rohkaffeepreis seit August 2023 nur eine Richtung – nach oben. Der Coffee C Future-Preis spiegelt eine Nenngröße wider, währendder effektive Preis des „Greens“ (grüner Rohkaffee) mit Aufschlägen für Qualität, Lagerung, Transport und Absicherungskosten dem Röster verkauft wird.
Warum steigen die Preise für nicht börsengehandelten Kaffee ebenfalls?
In einem angespannten Markt geht es sowohl für grosse (wie Starbucks oder Nestlé) sowie kleine Händler und Röster ums Überleben. Wir brauchen einfach den Rohkaffee, egal zu welchem Preis, da sonst unsere Betriebe nicht mehr funktionieren.
Das Wissen auch die sogenannten „Coyotes“, die sich in den Anbaugebieten mit Sack voller Bargeld herumtreiben und den Bauern die Ernte vor der Kooperative abkaufen.
Die Kooperativen ihrerseits können die abgeschlossenen Verträge mit den Röstern und Händlern nicht einhalten und sehen sich gezwungen, den Bauern höhere Angebote zu machen, um die Ernte für die Kooperative zu sichern.
Dieses Phänomen erleben wir gerade bei unserem sozial engagierten Kaffee „India Delight“. Auch wenn wir den Bauern über Jahre hinweg das X-fache des Börsenpreises gezahlt haben, müssen wir für diese Ernte nun mit einem Aufschlag von mindestens 2$/kg kalkulieren.
Andere Kaffeesorten von Black&Blaze kämpfen derzeit mit Aufschlägen von über 5$/Kg! Was 120% und mehr bedeutet.
Die derzeitige Volatilität auf den Kaffeemärkten ist das Ergebnis mehrerer Faktoren, von denen viele auf globale wirtschaftliche Bedingungen, politische Unsicherheiten und Wetterereignisse zurückzuführen sind. Die Situation der Backwardation auf den Rohkaffee-Futures hat nicht nur die Preistrends beeinflusst, sondern auch die Dynamik des Kaffeekaffeehandels insgesamt verändert – mit Auswirkungen auf sowohl große internationale Marken als auch kleine spezialisierte Röster.
Diese extremen Preisentwicklungen derzeit sind jedoch auch für den Kaffeebauern nicht nachhaltig und wahrscheinlich nur von kurzer Dauer. Derzeit wird weltweit etwa 40 % mehr Kaffee angebaut, da sich der Anbau aufgrund der hohen Preise momentan lohnt. Diese neuen Pflanzen werden jedoch erst 2027/28 ihre ersten Früchte tragen, was den Futures-Markt – entgegen der aktuellen Backwardation – in eine Contango-Situation bringen könnte, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit und die Ernten sind erfolgreich.
Eine Contango-Situation bedeutet, dass die Preise für spätere Futures-Kontrakte höher sind als für die kurzfristigen. Dies gibt spekulativen Future-Händlern die Gelegenheit, ihre Positionen zu shorten – also auf fallende Kurse zu setzen. Sollte dieser Trend eintreten, könnte der Coffee C Future-Preis auf unter 2 USD pro Pfund fallen. Ein solch niedriger Preis würde bedeuten, dass der Kaffeebauer seine Arbeit unter den tatsächlichen Herstellungskosten leisten muss. In der Konsequenz wäre der Bauer gezwungen, seinen Mitarbeitern weniger Lohn zu zahlen oder sogar Mitarbeiter zu entlassen, um die finanziellen Belastungen zu stemmen.